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1. Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden - S. 156

1914 - Frankfurt a. M. : Diesterweg
156 Ii. Luther und die Reformation. gebracht hat; und in Luthers Persönlichkeit stehen seine schöpferischen Kräfte gestaltet vor uns. Luther hat dem deutschen Volke das Gut innerlichen Glaubens Mieder erstritten; er hat über alle Formen religiösen Vorstellens und werkheiliger Verdienstlichkeit zurückgewiesen und näher wieder herangeführt zu dem Urquell, aus dem die Seele rhre Erhebung erringt, zu dem Argrunde des Gottesgeistes selber. An Stelle der auf Anmündigkeit zugeschnittenen Formen mittelalterlicher Frömmigkeit forderte er die Anerkennung der Mündigkeit des Menschen, der sein Verhältnis zu Gott selber ordnet, die Pflicht heiliger Gewissensverantwortung und Selbstzucht. Unablässig treibt er seine Zeit in Predigt, Wort und Schrift zur Selbstprüfung darüber an, was man als Untertan seiner Obrigkeit, als Vater den Seinen, als Beamter seiner Gemeinde schuldig sei. Damit hat er die Knechtschaft des Gewissens und die alles beherrschende Macht der Kirche, die im Mittelalter allem menschlichen Forschen und Wissen Ziel und Inhalt vorgeschrieben hatte, gebrochen und die sittliche Freiheit zum höchsten Gute des Menschen erhoben. In seinem Wahrheitsernste, der keinen anderen Maßstab der Echtheit anerkennen kann als Verstand und Gewissen, liegt der Ausgangspunkt der gesamten modernen Kunst, Philosophie und Wissenschaft, die eine echt sittliche ^-ache ist. Reich ist auch der Segen, der von Luthers Wirken in die sozialen Ordnungen hereinfloß. Damit, daß er sie als Pflanzstätten evangelischen Lebens anerkannte und bewertete, zerstörte er die Idee von einer doppelten Sittlichkeit, die im Mittelalter die Gemeinschaftsformen des Staates, der Gesellschaft, der Familie, der wirtschaftlichen und geistigen Berufsarbeit entwertet und entweiht hatte. Nun war diesen Ordnungen die sittliche Selbstberechtigung wiedergegeben. „Ich habe zuerst gezeigt, was Stand und Würde weltlicher Obrigkeit sei", erklärt Luther. Die Reformation hat den modernen Staat erst ermöglicht. Der von der Hierarchie unabhängig gewordene und vor eigene sittliche Aufgaben gestellte Staat wurde durch Luther innerlich erneuert, und auf ganz anderen Wegen war erreicht, was Barbarossa und seine Zeit unter Bezugnahme auf das römische Recht versucht, aber nicht durchgesetzt hatten. Nun erst war der Investiturstreit wirklich vorüber. Und welche sittliche Weihe goß er über die Keimzelle des Staates aus, die Familie! Der geächtete Mönch wurde der Begründer des Pfarrhauses. Und aus ihm ist unendlicher Segen auf das deutsche Volk ausgeströmt. Das Sakrament der Ehe hat er verworfen, aber nur innerlicher und sittlich freier ist durch ihn das Verhältnis zwischen Mann und Frau, zwischen Eltern und Kindern geworden. So goldene Worte über Kindererziehung hat niemand geredet als Luther im „Sermon vom ehelichen Leben". Sitte und

2. Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden - S. 157

1914 - Frankfurt a. M. : Diesterweg
Iii. Die Habsburgische Weltmacht und Frankreich. 157 gesellschaftliche Vergnügungen sind durch ihn veredelt worden; immer und überall klingt durch sein Tagesleben der Grundton ehrlicher Wahrheit, das Bedürfnis nach Freiheit und prüfender Zucht, der Zug deutschen Gemütslebens, das froh und leicht ausklingt in Musik und Lied. Die Zerstörung des asketischen Lebensideals hatte auch ihre soziale Bedeutung. Nun war es mit der mittelalterlichen Scheidung in Geistliche und Laien vorbei; auch der humanistische Zunftdünkel mit seiner Verachtung der „Ungebildeten" erschien nun engherzig; den alten Scheidungen tritt das Ideal der allgemeinen Volksbildung gegenüber; und die Gründer und Äüter der Volksbildungsanstalten sind nicht mehr die „Schotafter" und Äbte, sondern „die Bürgermeister und Ratsherrn", denn der Staat und seine Kulturaufgaben bedürfen geschulten Nachwuchses. „Wer die Zugend hat, hat die Zukunft." An Luthers Sarge sprachen Jonas und Melanchton von den „armen Waisen, die einen trefflichen Mann zum Vater gehabt und ihn nun verloren haben". Seine Heftigkeit im Amte sei stets aus dem Eifer für die Wahrheit geflossen, und nie im Kampf habe er sein Gewissen verletzt. — Es lebte in Luther etwas, das größer war als er selber. Er war ein Großer und Freier aus freiem und reinem Geiste und sein Werk eine aus deutschem Wesen geborene notwendige Geistestat. Iii. Die Entstehung des Gegensatzes zwischen der Habsburgischen Weltmacht und Frankreich. Das Zeitalter der Renaissance zeigte nicht nur Neubildungen auf den Gebieten der Kunst, der Wissenschaft und der Religion, auch das politische Aussehen der germanisch-romanischen Völkerfamilie des Abendlandes wurde anders. Das ganze Mittelalter hindurch hatten die Augustinifchen Vorstellungen von dem die ganze Christenheit umfassenden theokratischen Weltreich alle politischen Denker beherrscht; die großen Kämpfe drehten sich eigentlich nur darum, wer in dieser Theokratie die führende Stellung haben solle: geistliche oder weltliche Gewalt; jetzt stellen sich politische Denker und Staatsmänner die westeuropäische Völkerfamilie als eine Gesellschaft gleichberechtigter und voneinander unabhängiger Staaten vor; der Gedanke des europäischen Gleichgewichts wird im 16. Jahrhundert geboren. In der Unabhängigkeit vom Kaiser und von den Ständen des eigenen Landes besteht das Wesen der „Souveränetät", deren Besitz erst einen Herrscher zum wahren König macht. Diese Vorbedingungen erfüllte

3. Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden - S. 158

1914 - Frankfurt a. M. : Diesterweg
158 Iii. Die Habsburgische Weltmacht und Frankreich. unter den Fürsten des Abenblanbes nach der Anschauung des französischen Rechtsgelehrten Bobin nur der König von Frankreich vollkommen. Der Kaiser sei von den Reichsstänben und der König von England von seinem Parlament abhängig. Ferner tritt an die Stelle des mittelalterlichen Körperschafts- und Stanbesgeistes das Gefühl für das Volkstum. So beginnen die großen abergläubischen Nationen sich gegenetnanber abzuschließen, mag auch biefe Entwicklung durch die Gemeinsamkeit konfessioneller Interessen sowie durch Hausmachts-bestrebungen der Herrscherhäuser noch oft unterbrochen werben. In Frankreich waren nach dem hunbertiährtgen Kriege und in England nach den Kriegen der beiben Rosen die Valois und die Tubor an die Aufgabe gegangen, alle nationalen Kräfte in den Hänben des Königs zusammenzufassen. In beiben Staaten tritt biefes Streben in der Zurückbrängung der ftänbifchen Gewalten zutage. Auch auf der Pyrenäenhalbinfel bitbete sich ein großes, beherrfchenbes Staatswefen heraus. Dort war aus den Kämpfen gegen die Mauren eine Reihe von kleinen politischen Bilbungen entstauben, die schließlich, abgesehen von dem an der atlantischen Küste gelegenen Portugal, zu zwei größeren Reichen zusammengeschlossen würden: im Ebrotieflanb entstaub Aragonien und auf der Hochfläche im Innern der Halbinsel Kastilien. Beibe würden durch die Heirat ihrer Herrscher, Ferbinanb des Katholischen und Isabellas, vereinigt. Ihren Abschluß erreichte biefe neue Großftaatbilbung im Sübwesten des Erbteils 1492, als Granaba den Hänben der Mauren entrissen würde; boch fanb die tatenluftige Ritterschaft batb ein neues Felb ihrer kriegerischen Betätigung in den neuentbeckten Gebieten jenseits des Weltmeeres, wo man unermeßliche Schätze und den Ruhm verwegener Abenteuer erringen konnte. Die Machtfülle, welche die Herrscher Englanbs, Frankreichs und Spaniens am Ausgange des 15. Iahrhunberts befaßen, erregte das Staunen der politischen Welt Europas. Heinrich Vii., Ludwig Xi. und Ferbinanb der Katholische würden nach biblischen Erinnerungen als „die bret Magier" bezeichnet. Die Vermählung Maximilians mit Maria von Burgunb brachte das Haus Habsburg in die engste Berührung mit den westlichen Mächten. Zwar gelang es ihm nicht, die ganze Erbschaft Karls des Kühnen zu behaupten; das Herzogtum Burgunb fiel an Frankreich zurück. Doch war Österreich nunmehr eine Macht geworben, die auch im Westen Europas etwas bebeutete. Maximilians Sohn Philipp würde mit der zweiten Tochter Ferbinanbs des Katholischen vermählt; durch eine Reihe von unerwarteten Tobesfällen würde er auch der Erbe des spanischen Reiches. Er selbst starb vor dem Schwiegervater, fein ältester Sohn Karl aber erhielt nach Ferbinanbs Tode die

4. Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden - S. 159

1914 - Frankfurt a. M. : Diesterweg
Iii. Die Habsburgische Weltmacht und Frankreich. 159 Krone des Reiches. Auch im Osten gelang es Maximilian, günstige Familienverbindungen anzuknüpfen; seine jüngeren Enkelkinder, Ferdinand und Maria, vermählte er mit den Kindern des Königs Wladislaw von Böhmen und Ungarn. Als 1526 der junge Gemahl Marias im Kampfe gegen die Türken den Tod fand, gelangten beide Reiche nunmehr in den Besitz der Habsburger x. Ungarn freilich mußte erst in jahrhundertelangem Kampfe dem Halbmond entrissen werden. Bei ihrem Ausdehnungsstreben ließen sich die großen Herrschergeschlechter weder von nationalen noch von sprachlichen oder geographischen Rücksichten leiten. Das zeigt die Hausmachtspoliük Maximilians auf das deutlichste. Auch die französischen Könige wollten ihren Landbesitz ausbreiten. Sie folgten dabei dem Beispiele der Ottonen und Hohenstaufen; sie mischten sich in die zerfahrenen und verworrenen Verhältnisse der italienischen Kleinstaatenwelt ein und erhoben Ansprüche auf beträchtliche Gebiete in Ober- und Unteritalien. So haben kurz vor der Jahrhundertwende französische Kriegsheere wiederholt die Alpen überschritten. Aber auch Spanien und Österreich machten alte Rechte auf Italien geltend. Daher entzündete sich an diesen Streitigkeiten ein Kampf zwischen Habsburg und Frankreich, der Europa Jahrhunderte hindurch in Atem erhielt, ohne daß trotz kürzeren oder längeren Übergewichts der einen oder anderen Seite eine endgültige Entscheidung erfolgt wäre. Als Maximilian 1519 starb, war das Haus Habsburg in die Reihe der Weltmächte eingetreten. Sein schnelles Emporsteigen mochte für Frankreich so bedrohlich erscheinen, daß König Franz I. wenigstens versuchte, ihm die Kaiser würde streitig zu machen. War mit dieser Stellung auch keine große politische Gewalt mehr verbunden, so konnten die Rechte, die sie noch immer gewährte, im Bunde mit den Machtmitteln einer starken Monarchie doch mancherlei Nutzen bringen. Daneben trat natürlich Karl von Spanien als Bewerber um die Krone des Reiches auf den Plan. Beide Parteien versuchten, durch Geldzahlungen und Versprechungen die Stimmen der Kurfürsten zu gewinnen. Papst Leo X. trat für die französische Thronbewerbung ein. Bei der Stimmung aber, die in Deutschland bei hoch und niedrig gegen Rom herrschte, blieb Roms Fürsprache in der öffentlichen Meinung bedeutungslos. Ihr galt Karl als Maximilian I. - Maria von Burgund Ferdinand von Aragonien — Isabella von Kastilien Philipp Philipp Ii. Ferdinand I., vermählt mit Maria von Ungarn Maria, vermählt mit König Ludwig von Ungarn und Böhmen.

5. Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden - S. 160

1914 - Frankfurt a. M. : Diesterweg
160 Iii. Die Habsburgische Weltmacht und Frankreich. Deutscher im Gegensatz zu dem Welschen Franz. Auch fürchteten die Fürsten, der französische König werde versuchen, ihre „teutsche Libertät" in die „viehische Servitut" der französischen Vasallen zu verwandeln, d. H. auf seine eigene Macht gestützt, ihrer reichsständischen Anabhängigkeit ein Ende machen. So ging Karl aus der Wahl als Sieger hervor, nunmehr der mächtigste Fürst der Christenheit, „in dessen Reich die Sonne nicht unterging". Mit dieser Kaiserwahl, die man mit großer Begeisterung begrüßte, begannen die Einmischungen fremder Mächte in die Angelegenheiten unseres Vaterlandes, die jahrhundertelang so schweren Druck und so furchtbares Anheil über unser Volk gebracht haben. Das Fehlen einer starken nationalen Gewalt hat sich aufs schwerste gerächt. Der Forderung einer durchgreifenden Reichsreform stand Karl genau so gegenüber wie sein Großvater. Alle Entwürfe beurteilte auch er lediglich nach dem Gesichtspunkte, ob sie geeignet seien, die Macht des Äauses Äabsburg zu stärken; denn die Kaiserkrone war ihm nur ein Mittel, die Kräfte des Reiches seiner Äauspolitik dienstbar zu machen. Er war daher zu Zugeständnissen an die Reichsstände bereit, wenn sie ihm Truppen und Geld für seine auswärtigen Kämpfe bewilligten. Auf diese Weise erreichte man von ihm die vorübergehende Einsetzung des ständischen Reichsregiments, das während seiner Abwesenheit die Regierung führen sollte. Nach dem Fehlschlag seiner Bewerbung um die Kaiserkrone suchte Franz I. mit Gewalt den Äabsburgern entgegenzutreten. Mit der mittelalterlichen Überlieferung von der Gemeinsamkeit der christlichen Interessen den Angläubigen gegenüber brach er derart, daß er gelegentlich ein Bündnis mit dem Sultan schloß und ihn zu Angriffen auf Angarn bestimmte; seine Schweizer Söldner maßen sich in Oberitalien und an der niederländischen Grenze mit den deutschen Landsknechten. 1525 erlitt er bei Pavia eine schwere Niederlage und geriet sogar selbst in Gefangenschaft. Mit Stolz sangen die „frumben" Landsknechte von diesem glänzenden Erfolge ihrer Tapferkeit und der Feldherrnkunst ihres geliebten Führers Georg von Frundsberg. Franz mußte seine Freilassung durch bedeutende Landabtretungen erkaufen und einen ewigen Frieden geloben. Karl hatte einen glänzenden Erfolg errungen; er besaß jetzt die Vormachtstellung in Europa und bezeichnete sich in der Friedensurkunde als das Äaupt der weltlichen Fürsten der Christenheit. Sofort aber sagten sich der Papst und England, die bisher mit ihm verbündet gewesen waren, von ihm los und schlossen sich an den besiegten Franz an, um das durch Karl gefährdete europäische Gleich-

6. Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden - S. 161

1914 - Frankfurt a. M. : Diesterweg
Iii. Die Habsburgische Weltmacht und Frankreich. 161 gewicht wiederherzustellen. Der Papst entband den Franzosenkönig von den beim Friedensschlüsse geleisteten Eiden, und eine Versammlung der französischen Großen erklärte die Friedensbedingungen für null und nichtig; trotzdem dürfe der König nicht etwa in die Gefangenschaft des Kaisers zurückkehren, obgleich er den Friedensvertrag nicht ausführen könne; denn er sei nach göttlichem und menschlichem Rechte verpflichtet, bei seinem Volke zu bleiben und es zu führen und zu beschützen. Die „Staatsraison" stellt sich hier über die ritterliche Moral des Mittelalters. Bald standen die Verbündeten dem Kaiser wieder im Felde gegenüber. Durch diese neuen Kämpfe wurde Karl so stark in Anspruch genommen, daß er vorläufig auf die Durchführung des für die Reformation ungünstigen Wormser Reichstagsabschiedes verzichten mußte. Solange er in den Kämpfen gegen seine äußeren Feinde auf die Äilfe der Reichsstände angewiesen war, von denen einige der bedeutendsten auf Luthers Seite standen, konnte er überhaupt an die Ausrottung der Ketzerei in Deutschland nicht denken, und die Ausführung des Speierer Beschlusses von 1529, gegen den die evangelischen Stände protestiert hatten, wurde durch die Türkennot unmöglich. So versprach denn der Kaiser in dem Ausschreiben, das die Stände zum Besuche des Augsburger Reichstages von 1530 aufforderte, aufs neue „eines jeglichen Meinung und Opinion in Liebe zu hören". Es wäre ein Wunder gewesen, wenn seine auswärtigen Feinde und die Protestanten im Innern des Reiches, die sich durch ihn bedroht fühlten, sich nicht schließlich gegen ihn verbündet hätten. Doch geschah das erst nach Luthers Tode, als Karl durch seine Erfolge im Schmalkaldischen Kriege die Protestanten in schwere Bedrängnis brachte und zur Unterwerfung unter die Beschlüsse des Tridentiner Konzils zwingen wollte. Da suchte Kurfürst Moritz, als er sich zum Abfall vom Kaiser anschickte, das Bündnis des Königs von Frankreich. Denn nur mit auswärtiger ioilfe glaubten er und feine fürstlichen Bundesgenossen ihre politische Unabhängigkeit und ihre religiöse Freiheit schützen zu können. Für diese Hilfeleistung gab er die lothringischen Bistümer Metz, Toul und Verdun den Franzosen preis. Die fürstliche Gewalt, an die sich die lutherische Reformation hatte anschließen müssen, war also nicht imstande, sich und ihren Glauben gegen die spanische Fremdherrschaft zu schützen. So mußte für die Bundeshilfe deutsches Gebiet geopfert werden. Karl hatte seine Ziele nicht erreicht. Weder war er der Äerr aller Könige auf Erden geworden, noch hatte er gewaltsam die Glaubenseinheit wiederherstellen können. Beide Bemühungen waren Kästner und Brunner, Geschichte. Ii. B. 11

7. Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden - S. 162

1914 - Frankfurt a. M. : Diesterweg
162 Iv. Der Protestantismus in Westeuropa. dem neuen abendländischen Geiste zuwider. Gegen die erste erhoben sich die neuen europäischen Großstaaten zugunsten der „gemeinen Freiheit Europas", gegen die anderen das Selbstbewußtsein und die Beharrlichkeit der deutschen Lutheraner. So legte er 1556 verstimmt die Krone nieder. Die österreichischen Lande erhielt sein Bruder Ferdinand, die spanischen, niederländischen und italienischen Besitzungen sein Sohn Philipp. Iv. Der Protestantismus in Westeuropa. Dem Plane Karls V., eine katholisch-habsburgische Weltmacht im Abendlande zu errichten, hatten sich die anderen Mächte im Bunde mit den deutschen Protestanten erfolgreich entgegengestellt. Den Mittelpunkt des Widerstandes bildete Frankreich, dessen Bevölkerung geschlossen hinter ihrem König stand. Das wurde anders, als Heinrich Ii., Franz' I. Nachfolger, starb und den Thron seinen unmündigen und schwachen Söhnen hinterließ; fortan stritten verschiedene Geschlechter des hohen Adels um den maßgebenden Einfluß auf die Regierung. Bei dieser Gelegenheit regten sich auch wieder die Bestrebungen der Stände, die auf Kosten des Königtums ihre alte Stellung wiederherstellen wollten. Da inzwischen auch die Reformation Eingang gefunden hatte, kamen zu den politischen auch religiöse Kämpfe. Infolge dieser inneren Wirren schied Frankreich in der zweiten Äälfte des 16. Jahrhunderts aus den großen europäischen Verwicklungen fast völlig aus. Spanien konnte unter Philipp Ii. nicht ohne Erfolg den Versuch wagen, die politischen und religiösen Pläne Karls V. aufzunehmen. 1. Die Reformation in der Schweiz. Die Reformation Martin Luthers wollte nur eine Antwort geben auf die Frage: „Wie gewinne ich einen gnädigen Gott?" Alle Wirkungen kirchlicher und politischer Art gingen aus diesem rein persönlichen Bedürfnis hervor. Anders dachte Zwingli. Er war zwar durch die Schriften des deutschen Reformators angeregt worden; sein Ausgangspunkt aber war das Schriftstudium, das er in der Weise der Humanisten trieb. Dabei wurde er sich dessen bewußt, daß vor der Kritik des „göttlichen Gesetzes" die Zustände in Kirche und Staat nicht bestehen konnten; und so wollte er nach den Weisungen der Bibel einen besseren Zustand herbeiführen. Infolgedessen hatte er manche Ziele mit den Bilderstürmern und Täufern gemein, die Luther so scharf bekämpfte. In der Abendmahlslehre kam dieser Gegensatz zum Ausdruck und verhinderte den Zusammenschluß der

8. Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden - S. 163

1914 - Frankfurt a. M. : Diesterweg
Iv. Der Protestantismus in Westeuropa. 163 deutschen und Schweizer Reformierten. Im Kampfe mit den am alten Glauben festhaltenden Urkantonen fand Zwingli 1531 in der Schlacht bei Kappel den Untergang. Infolge seines frühen Todes haben seine Bestrebungen über die deutsche Schweiz hinaus keine Bedeutung gewonnen. Das von ihm begonnene Werk wurde von dem Franzosen Johann Calvin in Genf weitergeführt. Er hatte sein Heimatland infolge seiner evangelischen Überzeugungen verlassen müssen; denn so unbedenklich Franz I. sich in seiner äußeren Politik der Lilfe der deutschen Protestanten bediente, im Innern wollte er die Herrschaft der katholischen Kirche streng aufrechterhalten. Am seine Glaubensgenossen gegen die Verdächtigung zu verteidigen, als seien sie Aufrührer und Schwärmer, richtete Calvin an den französischen König seine erste große Schrift: „Grundriß der christlichen Religion", in der er die gereinigte Lehre in systematischer Klarheit zusammenfaßte. Während der Germane Luther am Studium der Schrift die persönliche Äeilsgewißheit erlangt hatte und so der Gnade seines Gottes froh geworden war, stand für den Romanen Calvin die „Souveränetät Gottes", die für ihn in der willkürlichen und un° erforschlichen Vorherbestimmung (Prädestination) zum Ausdruck kommt, im Vordergrund der christlichen Verkündigung. Dementsprechend ist es die Pflicht der zur Seligkeit Berufenen, die Majestät und Herrlichkeit ihres himmlischen Königs auf Erden zur Darstellung zu bringen. Das kann nur durch reinen Wandel nach dem Gesetze Gottes geschehen; der Calvinismus hat daher etwas Starr-Alttestamentliches in seinem Wesen. Bezeichnenderweise hat er zunächst keine eigene religiöse Dichtung hervorgebracht, sondern sich für den Gemeindegesang im Gottesdienst mit einer Bearbeitung der Psalmen begnügt. Alle Einrichtungen in Kirche und Staat sollen dazu dienen, die Glieder zu christlicher Lebensführung zu erziehen. Daher waren Fragen der Verfassung für Calvin nicht so gleichgültig wie für Luther, dem es genügte, „wenn das Wort Gottes lauter und rein gelehret wird". Er fand vielmehr in der Schrift eine ganz bestimmte Gemeindeverfassung vorgeschrieben: Doktoren, Pastoren und Älteste, aus der Wahl der Gemeinde hervorgegangen, sollen gemeinsam über Lehre und Leben der Glieder wachen und gegen solche, die einen unwürdigen Wandel führen, mit strengen Zuchtmaßregeln vorgehen. So gelang es, in Genf eine Theokratie zu errichten, die an gesetzlicher Äärte wohl mit der mittelalterlichen Inquisition wetteifern konnte. Calvin wußte seine Anhänger mit dem Bewußtsein zu erfüllen, das erwählte Volk Gottes zu sein; Gottes Kämpfe hätten sie auf 11*

9. Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden - S. 164

1914 - Frankfurt a. M. : Diesterweg
164 Iv. Der Protestantismus in Westeuropa. Erden zu führen, seine Herrschaft aufzurichten. Laben die deutschen Lutheraner ihre Heldenhaftigkeit im Dulden bewährt, so zeigten sie die Calvinisten im wandeln für das ihnen vorschwebende Ziel. Sie bedurften für den Ausbau ihrer Kirche keiner Anlehnung an weltliche Gewalten. Aus der Gemeinde heraus schufen sie sich selbst ihre Kirche, der die weltliche Gewalt sich zu unterwerfen hatte. In der kleinen Stadtrepublik Genf gelang das; in den großen westeuropäischen Staaten dagegen hat dieses Streben zu schweren Kämpfen geführt. 2. Die Äugenottenkriege in Frankreich. Von Genf aus fanden die Anschauungen Calvins bald Eingang in Frankreich. Es entstanden an zahlreichen Orten Gemeinden, die sich zu einer Kirche verbanden. Ihre gemeinsamen Angelegenheiten regelten sie in einer aus gewählten Vertretern bestehenden Synode. Volkstümlich sind die reformierten Gedanken in Frankreich zwar nie gewesen; die Anhänger der neuen Lehre entstammten vielmehr vorwiegend dem humanistisch gebildeten Bürgerstande und dem Adel. Man nannte sie „Hugenotten", d. H. wohl Eidgenossen, Anhänger der Schweizer Religion. Auf Äeinrich Ii.1 folgten hintereinander drei seiner Söhne; für Franz Ii., der mit Maria Stuart von Schottland vermählt war, führten deren Oheime, die lothringischen Lerzöge von Guise, die Regierung. Sie waren Anhänger der alten Kirche und suchten jede religiöse Neuerung zu unterdrücken. Ihnen gegenüber stand das den Valois verwandte Äaus Bourbon, dem das kleine Pyrenäenkönigreich Navarra gehörte, und dessen Glieder sich teils dem Protestantismus angeschlossen hatten, teils ihm zugeneigt waren. Der bedeutendste Führer der Hugenotten war der Admiral Coligny. Die einflußreiche Königin-Mutter, Katharina von Medici, verstand es, immer eine der beiden Parteien gegen die andere auszuspielen, ohne von einer abhängig zu werden. Am zunächst das Übergewicht der Guise zurückzudrängen, hielt sie sich zu Coligny und den Seinen. Auch gab es unter den Altgläubigen eine starke Richtung, die es nicht für angängig hielt, so zahlreiche Angehörige der Nation um ihres Glaubens Franz I. I Letnrich Ii., vermählt mit Katharina von Medici_____________ _ Franz Ii. . Karl Ix. Letnrich Iii. Margarete, Gem. Maria Stuart vermählt 1573 mit Letnrich von Navarra, einem Enkel einer Schwester Franz' I.

10. Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden - S. 165

1914 - Frankfurt a. M. : Diesterweg
Iv. Der Protestantismus in Westeuropa. 165 willen an Leib und Leben zu strafen oder in die Verbannung zu schicken. Ihre Anhänger waren bereit, die Glaubenseinheit hinter dem Streben der Nation nach politischer Macht zurücktreten zu lassen. Daher konnten die Herzöge von Guise ihre ausschließliche Vorherrschaft nicht lange behaupten. Zu einer Unterdrückung ihrer Partei reichte aber die Macht der Gegner auch nicht aus, und so kam es zu einem Bürgerkriege, der Frankreich dreißig Jahre lang verheerte. Diese Kämpfe blieben lange ohne Entscheidung; abwechselnd wurde den Hugenotten Duldung zugesichert und wieder entzogen, je nach der Stellung, welche die Königin Katharina eben einzunehmen für zweckmäßig fand. Dabei kam ihnen zustatten, daß die altgläubige Partei den Beistand Philipps Ii. von Spanien suchte und auch zeitweise erhielt. Philipp galt aber weiten Kreisen als der Nationalfeind; der Plan Colignys, die gesamten Kräfte Frankreichs zum Kampfe gegen die drohende spanische Übermacht zusammenzufassen, fand selbst unter den katholischen Großen viele Freunde. So schloß sich Katharina wieder an die Hugenotten an. Zur Festigung des Bündnisses sollte der junge König Karl Ix. mit einer Prinzessin aus dem Hause Bourbon und Heinrich von Navarra mit einer Tochter Katharinas vermählt werden. Coligny schien jetzt der Leiter der ganzen französischen Politik zu werden und beherrschte durch die Macht seiner starken Persönlichkeit den König völlig. Gerade das aber wollte die Königin vermeiden, und sie näherte sich daher im Jahre 1572 wiederum der katholischen Partei. Ein Mordanschlag auf den Admiral gelang nur unvollkommen; um der Rache seiner Partei vorzubeugen, entschlossen sich die Königin und ihr Anhang bei den Hochzeitsfeierlichkeiten am 24. August 1572 zu dem Überfall, der unter dem Namen „Pariser Bluthochzeit" berüchtigt geworden ist. Coligny war das erste Opfer; Tausende von Hugenotten fanden in Paris und in den Provinzen den Tod, andere wurden zur Rückkehr zum Katholizismus gezwungen, unter ihnen Heinrich von Navarra. Doch führten auch diese Greueltaten nicht zur vollständigen Anterdrückung des französischen Protestantismus. Der Kampf ging weiter, bis Heinrich von Navarra, der sich nach der Bartholomäusnacht dem Protestantismus wieder zugewandt hatte, nach dem Aussterben der Valois als Heinrich Iv. die französische Krone übernahm. Am die streng katholische Hauptstadt zu gewinnen, mußte er allerdings sein Bekenntnis zum Opfer bringen. Dafür aber gab er seinen Untertanen den Frieden zurück. Das Zeitalter der Glaubenskriege war nunmehr für Frankreich zu Ende. Im Edikt von Nantes gewährte er 1598 seinen früheren Glaubensgenossen Freiheit für Bekenntnis und Gottesdienst. Als Bürgschaft gegen eine etwaige spätere
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